Review: Splinter Cell Blacklist

8. September 2013
Review: Splinter Cell Blacklist

Splinter Cell Blacklist verspricht die Stärken von Chaos Theory und Conviction zu vereinen. Kann es das einhalten oder liegt längst ein Schatten über der Reihe?

Die Splinter Cell Reihe konnte zwar nie ganz den Status meiner heiß geliebten Metal Gear Reihe erreichen, doch ich liebe Stealth und ich liebe Agentenspiele und Splinter Cell hat es immer geschafft, mir beides zu geben. Mit Chaos Theory erreichte Splinter Cell für viele seinen Höhepunkt, was nicht zuletzt daran liegt, dass die beiden folgenden Spiele sehr viel neues versuchten. Double Agent existiert in zwei sehr verschiedenen Versionen, in unterschiedlichen Generationen und wurde mal so und mal so aufgenommen. Endgültig gespalten wurde die Fan-Gemeinde durch Conviction. Hier wurde Sam Fisher zum abtrünnigen Rächer, zum Folterer, zu Jack Bauer. Conviction brachte neue Gameplay Elemente, mehr Action, aber dafür auch erstmal eine viel persönlichere Geschichte, als man es von den Vorgängern gewohnt war. Kurz gesagt: ich liebe Chaos Theory, aber ich liebe auch Conviction. Ein Spiel das beide verbindet, sollte also perfekt für mich sein. Oder?

Machen wir es kurz: Blacklist schafft es, sein Versprechen einzuhalten. Das Gameplay von Conviction wird verbunden mit dem Leveldesign älterer Teile. Es ist an vielen Stellen sogar noch offener und bietet viele Möglichkeiten, eine Situation zu lösen. Im Gegensatz zu Conviction ist es wieder möglich. das Spiel ohne einen einzigen Mord durchzuspielen. Spieler werden außerdem weniger motiviert, in Feuergefechte zu geraten, die fast immer tödlich enden. Das Vorgehen der Spieler wird am Ende jeder Mission mit Punkten belohnt, aufgeteilt in drei Spielstile. Der Fokus liegt also wieder mehr auf Schleichen, ein anderes Vorgehen wird aber ebenfalls belohnt. Wie soll ich es anders sagen: Splinter Cell Blacklist macht einfach Spaß. Es nimmt die Stärken all seiner Vorgänger und kombiniert sie. Es gibt geskriptete Momente, man springt per Knofpdruck von Deckung zu Deckung und die Ausschalten-Mechanik gibt es immer noch, die eine weitere taktische Dimension ins Geschehen bringt. Auf der anderen Seite sind die klassischen Stärken: lange umfangreiche Missionen, teilweise offene Level und viele unterschiedliche Missionsziele. Für Freunde des klassischen Gameplays gibt es außerdem einen extra Schwierigkeitsgrad, der einige der eher neueren Gameplay Elemente deaktiviert. So kann man Gegner z.B. immer noch markieren, muss aber auf die Ausschalten Mechanik verzichten.
Frei von Makeln ist das Spiel allerdings nicht. Vielleicht klingt das sehr verwöhnt, doch die Checkpoints liegen gerade bei mehreren, optionalen Zielen teils weit auseinander. Da hat man 4 von 5 Terminals gehackt, wird vor dem letzten erschossen und das Ganze beginnt von vorne. Wiederholt sich das dann noch mehrmals, wird es langsam anstrengend. Manchmal erwischt man sich dabei, dass man versucht, einfach nur zum nächsten Checkpoint zu sprinten. Im späteren Verlauf des Spiels steigt die Zahl der gepanzerten Gegner mehr und mehr. Bei diesen reicht ein einfacher Schuss nicht mehr und dementsprechend auch nicht die Ausschaltenmechanik. Das ist kein Kritikpunkt, denn es ist Teil des höheren Schwierigkeitsgrades. Frustrierend kann es trotzdem werden. Abgesehen davon bringt die Vielzahl der Missionsziele auch mit sich, dass man sich früher oder später in Situationen befinden wird, die mal mehr und mal weniger Spaß machen. Es gibt solche Abschnitte, in denen man zwangsweise Gegner ausschalten muss und andere in denen man auf gar keinen Fall entdeckt werden darf. Solche Momente sind aber eher in der Unterzahl. Kurze Scharfschützen-, Drohnen und sogar First Person Shooter – Momente lockern das Gameplay weiter auf. Im Vordergrund stehen aber klassische Splinter Cell – Geh rein, Erledige den Job, Geh raus, Missionen und das ist auch gut so.
Wenn es um Geschichten geht, sind Tom Clancy Spiele immer so eine Sache. Fast immer geht es um Terroristen, fast immer um einen oder mehrere Soldaten und fast immer eine Bombe. Ihr wisst was ich meine, dafür, dass ein Autor auf dem Cover steht, bieten diese Spiele überraschend schlechtes Storytelling. Splinter Cell ist da keine Ausnahme. Die Figur Sam Fisher ist nicht viel mehr als ein Super Mario. Ein Medium, um sich durch das Spiel zu bewegen. Mit der Zeit bekam er langsam mehr Persönlichkeit, in Double Agent kam dann seine Tochter ins Spiel und in Conviction wird er endgültig zur Hauptfigur seiner eigenen Geschichte. Perfekt war das Storytelling in Conviction nicht. Viel zu sehr hatte man das Gefühl, einfach nur von Mission zu Mission zu springen, trotz der emotionalen Momente zwischendurch. Aber man konnte sich endlich in Sam hineinversetzen und man konnte nachvollziehen, wie viel auf dem Spiel stand.
Blacklist macht einen Schritt zurück. Es geht nicht mehr um Sam selbst, es ist wieder die Mission, die im Vordergrund steht. Seine Tochter kann er nur über ein Telefon erreichen, aber hey, sie ist dabei. Ansonsten dreht sich alles um die Crew auf der fliegenden Missionsbasis Paladin. Das Flugzeug funktioniert ähnlich wie die Normandie in Mass Effect. Zwischen den Missionen kann Fisher mit den Figuren reden, Upgrades für Waffen, Flugzeug und weiteres kaufen und optionale Missionen annehmen. Selbst Multiplayer Partien werden von hier aus gestartet. Vielleicht liegt es an meinen niedrigen Erwartungen, doch dafür, dass die Geschichte von Blacklist viel weniger persönlich ist, hat sie dennoch ihre großen Momente und schafft es tatsächlich, dass ich mit den Figuren mitfiebern kann. Nach vielen Previews und Berichten hatte ich eigentlich einen kompletten Rückschritt erwartet so, dass wieder nur die Terroristen und die Bedrohung im Vordergrund stehen. Tatsächlich hat man sich hier Mühe gegeben, jeder Figur eigene Konflikte zu geben, die im Verlauf der Handlung ausgespielt werden. Das heißt aber nicht, dass es keine lächerlichen Fuck Yeah Momente geben würde. Klischees werden in den Zwischensequenzen mehr als ausreichend bedient.

Das Implementieren von Upgrade-Möglichkeiten durch verdientes Geld ist eine großartige Möglichkeit, den Spieler über längere Zeit zu motivieren. Dieser Motivationsfaktor und das Verzichten auf ein Hauptmenü scheinen in letzter Zeit immer mehr die Runde zu machen.

Fazit: Splinter Cell Blacklist ist nicht frei von Fehlern. Es kommt nicht ganz ohne Frustmomente aus und die Handlung ist höchstens in Ordnung. Aber sie ist gut genug, um den Spieler von Ort zu Ort zu führen und verschiedenste Missionen anzubieten. Blacklist hat es tatsächlich geschafft, die Stärken von Chaos Theory und Conviction zu vereinen, zu einem wunderbaren Stealth Thriller. Hoffen wir, dass Ubisoft diesen Kurs beibehält und zukünftig wieder mehr Wert auf die Figur Sam Fisher legt. – 85%

von Tony M

Rubriken: Blog, Review

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