Beyond Two Souls ist der neueste Streich vom französischen Entwickler Quantic Dreams. Als großer Fan des Vorgängers Heavy Rain, konnte ich es kaum erwarten mit Jodie und Aiden auf Reisen zu gehen.
Anmerkung: In dem Moment, da ich diese Review schreibe, habe ich den Abspann von Beyond Two Souls noch nicht mit eigenen Augen gesehen. Dieses Vorgehen begründet sich darin, dass dieses Spiel größtenteils von seiner Story lebt und ich nicht nur Spoiler vermeiden möchte, sondern auch, dass ein überraschendes, besonders gutes oder besonders schlechtes Ende, das ich euch sowieso nicht erklären könnte, meine Meinung beeinflusst. Sollte die letzte Stunde des Spiels dennoch gravierende Änderungen bringen, so findet ihr morgen ein entsprechendes Update unter dieser Review. Natürlich wird Beyond Two Souls auch bald in unserem Podcast besprochen.
Anmerkung 2: Unter dem Fazit findet ihr nun ein Update, das sich auf die letzten zwei Stunden von Beyond Two Souls bezieht. Natürlich spoilerfrei.
Verzichten wir auf die Vorgeschichte von Beyond Two Souls, jeder von euch hat schon einmal von Heavy Rain, Fahrenheit und vielleicht auch Omikron – The Nomad Soul, gehört. David Cage und sein Entwicklerstudio Quantic Dreams zaubern seit jeher einzigartige Adventures auf den Bildschirm, welche die Grenzen zwischen Spiel und Film verschmelzen sollen. Um die Stärken von Beyond Two Souls besser erklären zu können, werde ich Vergleiche mit Heavy Rain allerdings nicht scheuen. Vor grundlegenden Storyspoilern braucht ihr euch nicht zu fürchten.
Viele meiner Eindrücke beim Durchspielen von Beyond Two Souls decken sich mit dem, was ich bereits
über die Demo berichtet habe. Es wirft den Spieler in interessante Situationen, lässt ihn abwechselnd mit Jodie und Aiden spielen und setzt verstärkt auf die Beziehung zwischen Mensch und “Geist”. Grafisch sieht Beyond Two Souls wundervoll aus, vielleicht das Beste, das die bald ablaufende Generation zu bieten hat. Animationen wirken echt und nur selten etwas merkwürdig, Gesichter und Umgebungen sind unfassbar detailliert. Vor allem bietet das Spiel ständig neue Umgebungen, die auf verschiedene Art mit Farben, Schatten und der allgemeinen Stimmung spielen. Die (englische) Vertonung ist ebenfalls gut gelungen. Französische Schauspieler, die versuchen amerikanisch zu wirken, gibt es dieses mal nicht mehr. Die beste Mischung sind vermutlich englische Stimmen und deutsche Untertitel, wobei allerdings des Öfteren auffällt, dass sich die deutschen Übersetzer zu viele Freiheiten raus genommen haben, obwohl die englische Vorlage ohne Weiteres leicht zu übersetzen gewesen wäre.
Die Steuerung ist relativ einfach, nur wenige Tasten sind für Jodie und für Aiden belegt. Nette Spielereien, wie die kreisenden Gedanken bei Heavy Rain, gibt es leichter nicht mehr. Auch der R2 Antriebsknopf aus Heavy Rain fehlt, es spielt sich nun wieder wie die meisten Spiele: nach vorne drücken um nach vorne zu laufen, nach rechts um nach rechts zu laufen, und so weiter. Das funktioniert die meiste Zeit sehr gut, die Heavy Rain Alternative war aber gerade bei den, oft wechselnden, Kameraperspektiven praktischer.
Ich muss wohl kaum sagen, dass auch Beyond Two Souls wieder randvoll mit Quick Time Events ist. Teilweise sehen die genauso aus, wie beim “Vorgänger”, viele sind aber anders gestaltet. Statt einer Tastenanzeige bekommen wir nun nur noch einen weißen Punkt, der wichtige Objekte anzeigt. Je nach Richtung muss der rechte Stick in eine bestimmte Richtung gedrückt werden, um mit ihnen zu interagieren. Die intuitiven Bewegungsabläufe aus Heavy Rain fehlen hier größtenteils. Schade.
Ähnlich laufen auch die Kämpfe ab: Jodie schlägt in eine bestimmte Richtung, der wir mit dem rechten Stick folgen müssen. Zum Ausweichen drückt man ihn nach unten. Oft wird das leider zum Ratespiel, weshalb man das Kampfsystem nicht wirklich lernen kann. Doppelt Schade. Trotzdem funktioniert die Steuerung mit Jodie meistens sehr gut, was man von Aiden leider nicht behaupten kann. Dieser steuert sich im Prinzip wie eine frei bewegliche Kamera und unnötig kompliziert.
Das Gameplay mit beiden Figuren besteht nun die meiste Zeit daraus, nach weißen Punkten zu suchen und mit ihnen zu interagieren. Die Anzahl der interaktiven Gegenstände, ist im Vergleich zu den Vorgängerspielen enorm gesunken und auch die Zeit, die man in frei erkundbaren Umgebungen verbringt.
Den größten Teil des Spiels verbringt man nämlich damit, von Actionsequenz zu Actionsequenz zu springen. Gerade im ersten Drittel von Beyond Two Souls ist das sehr erschöpfend, später bekommen wir dann ab und zu auch ruhige Momente und 1-2 mal sogar richtig große Umgebungen, die zu erkunden sich allerdings auch nicht wirklich lohnt. Immerhin fühlt man sich hier nicht mehr so eingeengt, wie sonst. Na und, werdet ihr denken, auch Heavy Rain bestand zum größten Teil aus QTE Sequenzen. Falsch! Das, was Heavy Rain zu so einem fantastischen Spiel macht, ist die große Entscheidungsfreiheit und die Abzweigungen, die die Geschichte nehmen kann, ohne jemals einen Game Over Bildschirm zu präsentieren. Die Figuren waren sterblich und der Spieler musste stets aufpassen, wie er mit ihnen handelt. Beyond Two Souls ist leider meilenweit davon entfernt. Interessanterweise springt die Geschichte non-linear zwischen verschiedenen Szenarien in Jodies Leben hin und her, was spannend sein kann, konsequente Entscheidungen aber unmöglich macht. Schließlich sehen wir schon in einigen der ersten Sequenzen die erwachsene Jodie, ihr Leben bis dahin zu beeinflussen ist also unmöglich. Auch wirken die einzelnen Episoden wahllos aneinander gereiht und oft verliert man den Überblick. Der Verlust dieser Entscheidungen ist bei dieser Art von Spiel leider unverzeihlich und lässt es in meiner Gunst weit sinken. Dreifach schade.
Ohne diese weitreichenden Entscheidungen, eigentlich fast komplett ohne Entscheidungen, ist Beyond Two Souls nicht mehr, als eine Aneinanderreihung filmischer Sequenzen und hätte man nicht die Bewegungsfreiheit mit Aiden, wäre es tatsächlich kaum noch von einem Film zu unterscheiden. Wem das reicht, der wird glücklich mit Beyond Two Souls werden, mir reicht es leider nicht. Konkrete Beispiele kann ich aufgrund von Spoilern natürlich nicht nennen, ein Spoilerpodcast könnte aber bald folgen.
Fazit: Beyond Two Souls ist ein filmisches Erlebnis mit toller Grafik, einer interessanten Geschichte und zumindest einigen etwas offeneren Sequenzen, die aber nur wenig daran ändern, dass es extrem linear ist. Das Gameplay besteht größtenteils darin, weiße Punkte zu suchen und in Actionsequenzen Knöpfchen zu drücken. Die Charaktere sind interessant gestaltet, die Handlung lässt Parallelen zu allen vorherigen Quantic Dreams Spielen erkennen. Die Geschichte nimmt sich leider insgesamt zu ernst. Obwohl ich viel Spaß mit Beyond Two Souls habe und gerne miträtsele, was hinter Jodies und Aidens Verbindung steckt, ist dieses Spiel meilenweit von Heavy Rain entfernt. – 70%
Update: Wie versprochen gibt es, nachdem ich nun auch das Ende des Spiels gesehen habe, noch einmal ein kurzes Update. Tatsächlich bieten die letzten 1-2 Stunden von Beyond Two Souls noch einige Momente, die mich meine Wertung überdenken lassen. Etwas mehr Gameplay, etwas offenere Gebiete und sogar ein paar wichtige Entscheidungen. Schade, dass gerade zu Anfang so viele Fehler gemacht werden, aber das ist immer noch besser, als umgekehrt (siehe Fahrenheit). Für genannte Punkte gebe ich dem Spiel weitere 5%, meine Kritikpunkte bleiben aber bestehen. Hoffen wir, dass uns Quantic Dreams beim nächsten Mal wieder mit einer etwas bodenständigeren und persönlicheren Geschichte beschenkt – 75%
von Tony M