Review: Sherlock Holmes Crimes & Punishments (PC)
12. November 2014Der unschlagbare Meisterdetektiv und sein treuer Begleiter, haben eine ganze Reihe neuer Fälle zu lösen. Und wir dürfen natürlich daran teilhaben. Wie sich Crimes & Punishments im Vergleich zu seinem Vorgänger anfühlt, verrät folgender Test.
Mehr und mehr, bewegen sich die Sherlock Holmes Spiele weg von ihren klassischen Adventure-Wurzeln und hin zu moderneren und filmischeren Abenteuern. Trotz des Wandels, bleiben die spielbaren Kriminalfälle dennoch mehr Adventure, als man es von vielen ihrer Konkurrenten behaupten kann. Zwar muss nicht jeder Zentimeter des Bildschirms abgeklickt werden, dafür stehen Rätsel und eigenständiges Denken aber noch immer an vorderster Front. Crimes & Punishments gibt euch dabei mehr denn je das Gefühl, ein echter Detektiv zu sein.
Die Spielmechaniken des neuesten Ablegers unterscheiden sich nur in Details von seinem Vorgänger (→ Review: Das Testament des Sherlock Holmes). Ganz den Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle getreu, steht zu Beginn ein Besuch in der Baker Street an und nur wenige Minuten später, steckt ihr schon mitten in den Ermittlungen. Es gilt vor allem Zeugen und Verdächtige zu befragen, Beweise zu sammeln, Dokumente zu entschlüsseln und zwischendurch, mit einem Blick in den Kopf des Meisterdetektivs, die einzelnen Punkte miteinander zu verbinden. Habt ihr zwei Hinweise richtig verknüpft, entsteht eine Schlussfolgerung. Oft müsst ihr dann nochmal aus zwei Möglichkeiten wählen, um diese Schlussfolgerung richtig zu deuten. Habt ihr das oft genug getan, also genügend Beweise und Hinweise gesammelt, ergibt sich ein Gesamtbild. Die einzelnen Schlussfolgerungen ergeben sich zu einer Lösung, allerdings nur dann, wenn ihr die Indizien auch richtig gedeutet habt. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht. Nach wenigen Minuten habt ihr das System verinnerlicht und freut euch über jeden neuen Hinweis, den ihr in das Gesamtbild einbringen könnt. Dabei muss man oft, aber nicht immer in einer bestimmten Reihenfolge vorgehen. Hauptsache am Ende des Falls sind alle nötigen Infos beisammen und der Täter kann dingfest gemacht werden.
Ganz neu sind dabei die moralischen Entscheidungen, bei denen ihr, vergleichbar mit Telltale Adventures, eure Entscheidung mit der anderer Spieler vergleichen könnt. Zwar ändern diese Entscheidungen nicht den kompletten Ausgang eines Falls, können einen Täter aber beispielsweise vor der Todesstrafe bewahren, solltet ihr Milde walten lassen.
Bevor ihr das tun könnt, stellt euch das Spiel jedoch vor eine ganz andere Herausforderung: IHR und nur IHR könnt entscheiden, wer tatsächlich der Täter ist. Ermittelt ihr versehentlich in eine falsche Richtung oder schätzt die Verdächtigen falsch ein, liegen die Chancen hoch, dass ihr den Falschen ins Gefängnis schickt.
Neben Minispielen und dem Absuchen verschiedener Orte, befragt ihr alle möglichen Personen, die auf irgendeine Art und Weise in den Fall involviert sind. Das Spiel hält die Zahl der Charaktere in jedem Fall sehr übersichtlich und auch die Gesprächsthemen halten sich in Grenzen. Ihr müsst also keine Angst vor stundenlangen Dialogen haben. Während ihr euren Gegenüber befragt, bekommt ihr eine weitere von Sherlocks Spezialitäten an die Hand – seine Beobachtungsgabe. Mit einer Kamerafahrt entlang des Körpers, könnt ihr wichtige Merkmale markieren, z.B., ob die Person einen Ehering trägt, Schmutz an den Händen hat, teure oder billige Kleidung trägt und so weiter. Schwer ist das nicht, ihr könnt eigentlich kein Detail verfehlen. Jedoch eröffnen eure Beobachtungen neue Möglichkeiten, den Befragten zu konfrontieren. Verweigert er die Aussage oder lügt euch an, könnt ihr schnell zwischenschalten und ihn mit einer eurer neuen Erkenntnisse konfrontieren.
Behauptet derjenige beispielsweise, er brauche kein Geld und habe sich deswegen nicht bestechen lassen, könnt ihr ihn an die verlorene Pferdewette erinnern, von der ihr anhand eines Wettscheins in seiner Brusttasche erfahren habt.
Mit diesen Möglichkeiten und dank der guten, dieses mal nur englischen, Synchronisation, wirken die Dialoge noch viel dynamischer.
Das ist auch den verbesserten Animationen zu verdanken. Insgesamt sieht das neue Sherlock Holmes Spiel unglaublich gut aus, von den Gesichtern bis zur Schuhsohle. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass ihr viel häufiger unter freiem Himmel, bei strahlendem Sonnenschein unterwegs seid. So kommt das schöne England erst richtig zur Geltung! Lobend zu erwähnen sei auch, dass das Spiel auf einen klassischen Ladebildschirm verzichtet und euch somit nie aus dem Geschehen herausreißt. Wechselt ihr von Ort zu Ort, seht ihr das Innere der Kutsche in der ihr fahrt und könnt auf Wunsch auch eure Notizen konsultieren.
Zuletzt noch die größte Stärke von Crimes & Punishments: es macht einfach verdammt viel Spaß! Es verzichtet auf die Frustrationen, die viele Adventures mit sich bringen, wenn man nach mehreren Stunden noch immer nicht das richtige Item gefunden hat oder permanent versucht, mehrere Items miteinander zu kombinieren. Mit derlei Dingen werdet ihr euch hier niemals aufhalten. Stattdessen seid ihr ununterbrochen mit der Lösung von Fällen beschäftigt, die tatsächlich auch mysteriös und interessant sind.
Etwas schwächer (im Vergleich zum Vorgänger) sind hier leider die Minispiele, wie das eher nervige Schlösserknacken oder die Momente, in denen Sherlock ein Bild in seinem Kopf zusammensetzen muss, indem ihr Silhouetten von Objekten zurecht schiebt und dreht, bis sie ein Gesamtbild ergeben. Zudem hat man manchmal das Gefühl, ein Fall würde sich viel zu lange hinziehen. Das liegt nicht unbedingt daran, dass sie eine zu hohe Spielzeit verlangen. Vielmehr ist es so, dass ihr an einem Punkt angekommen seid, an dem ihr glaubt den Fall fast gelöst zu haben, bis plötzlich eine vollkommen neue Enthüllung hinzukommt, inklusive neuer Orte auf eurer Karte, neuer Personen zur Befragung und so weiter. Dass die Fälle in so komplett neue Richtungen gehen können, macht es schwer, als Spieler mitzuraten. Es entspricht auch nicht dem Sherlock Holmes, der viele seiner Fälle schon löst, bevor er überhaupt seinen Sessel verlässt (was in einem Spiel natürlich auch schwer umzusetzen wäre). Stattdessen arbeitet ihr euch Stück für Stück vorwärts und erfahrt wichtige Informationen oft eher durch Zufall, als durch Detektivgeschick.
Fazit: Von diesen kleinen Meckereien mal abgesehen, ist Sherlock Holmes Crimes & Punishments das perfekte Detektivspiel. Noch nie bekam der Spieler so viele Freiheiten. Vorgehensweise und Auflösung sind größtenteils dem Spieler überlassen und die Situationen in denen ihr euch wiederfindet, sind immer wieder spannend. Dieses Spiel wird dem Namen Sherlock Holmes vollkommen gerecht und lässt euch selbst zum Meisterdetektiv werden. – 85%