Zweite Meinung: Spieletests – Fluch oder Segen?
20. September 2013Das mit den Spielwertungen ist so eine Sache. Man kann nicht mit ihnen, man kann aber auch nicht auf sie verzichten. Hier ist meine Meinung dazu.
Zitat Wikipedia, Stand 20.9.2013 :
Eine Analyse (von altgriech. ἀνάλυσις analysis „Auflösung“) ist eine systematische Untersuchung, bei der das untersuchte Objekt oder Subjekt in Bestandteile (Elemente) zerlegt wird und diese anschließend geordnet, untersucht und ausgewertet werden.
Ich kann mich noch an den Deutschunterricht erinnern, wo wir analysiert haben warum der “gute”, alte Goethe bei Faust an dieser Stelle im Text ein Komma, statt eines Punkts gesetzt hat. Das war der Moment, wo ich ausgestiegen bin. Irgendwann muss auch mal Schluss sein. So ähnlich verhält es sich auch mit den Spielwertungen.
Vielleicht sollte ich aber erst mal die Motivation hinter Spielwertungen beleuchten. Ich lese Spieletests aus drei Gründen:
- als Informationsquelle
- als Kaufentscheidung
- als Unterhaltung
Inzwischen lese/schaue/höre ich mehr Reviews als ich wirklich spiele. Wenn das neue Spiel XY rauskommt und ich entscheiden muss, ob ich Geld darin investieren will, dann sind mir Wertungen sehr recht. Oftmals schaue ich zuerst auf die Wertungen und lese mir dann erst die Begründung durch. 5 Minuten und ich weiß wo ich dran bin.
Ich selber schreibe jedoch keine Wertungen und wirklich wissen was 87% bedeutet oder was eine 89 von einer 90 trennt, kann ich trotzdem nicht sagen (87% bedeutet 87 von 100, die Differenz von 90 und 89 ist 1). Darauf verlasse ich mich auch nicht. Beispiel: Vor ein paar Wochen habe ich The Longest Journey und Dreamfall: The Longest Journey gespielt. Dreamfall hat zwar eindeutige Fehler hat mir aber deutlich besser gefallen als der Vorgänger. Nutzer und Presse bewerten TLJ mit 90ern, während Dreamfall zwischen 70 und 80 herumkrebst. Das Musterbeispiel dafür ist Deadly Premonition. Geiles Ding mit schlechten Wertungen. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass Deadly Premonition ein Spiel für die Nische ist. Und könnt das Spiel nicht noch viel besser sein, wenn die Steuerung funktionieren würde?
Eine einzige Informationsquelle reicht mir nicht aus. Zusätzlich zu Wertungen schaue ich gerne die erste Stunde eines Let’s Plays an oder höre Diskussionen im Podcastformat. Aber da denke ich mir oft: Ach, schon wieder so ein 45-Minuten-Beitrag, wann soll ich mir denn das alles antun?! Und dabei liebe ich doch Podcasts! Dann sollte man auch schon das Spiel durchgespielt haben, sonst wird man gnadenlos gespoilert. Was für ein Mist! Dafür nehme ich aber mehr mit. Dead Space 3 ist da ein gutes Beispiel. Aufgrund der diversen Blogposts war ich ziemlich entgeistert, als ich dann die Gesprächsrunde von Game One zu diesem Thema gesehen habe, hatte ich richtig Bock darauf.
Am liebsten höre ich mir themenspezifische Podcasts an. Keiner würde stundenlang über ein Thema reden, wenn es sie oder ihn nicht wirklich begeistert hätte. Da lasse ich mich auch gern mitreißen, auch bei Sachen, die ich vorher nicht auf dem Schirm hatte. Da habe ich aber auch schon schlechte Erfahrungen mit gemacht. Aktuelles Beispiel Shadowrun Returns. Der eine Podcast sagt: Macht richtig Spaß, Gameplay mies, aber Texte und Welt super. Der andere Podcast: Macht gar keinen Spaß, Gameplay mies, aber Texte und Welt super. Shadowrun Returns ist Schrödingers Katze unter den Wertungen. Ein besseres Beispiel sind Retropodcasts wie Stay Forever. Die Podcasts sind superunterhaltsam, aber die meisten Spiele davon werde ich nie spielen (wollen).
Die subjektive Berichterstattung ist sowieso ein zweischneidiges Schwert. Man kann, wenn man den Geschmack des Autors kennt, darauf schließen, wie man es selbst finden würde. Was macht man aber, wenn den Autor nicht kennt? Und viele Autoren sind auch nicht so lustig, wie sie sich selber finden. Wie gesagt, mittlerweile investiere ich mehr Zeit in Reviews als in den Spielen. Nicht jeder hat Zeit und Lust sich darauf einzulassen. Außerdem bin ich (leider?) jemand der Spiele und Filme erst konsumiert, nachdem sie schon uralt sind. Auch mit vielen Klassikern, die absolut jeder kennt, hatte ich nie Berührungspunkte.
Dieser Blogbeitrag ist mittlerweile unnötig lang geworden, deswegen komme ich jetzt zu meinem Fazit: Jedes System hat seine Vor- und Nachteile und ich sehe einen Markt für knappe skalenbasierte Wertungen, tiefer gehende Analysen und subjektive Erfahrungsberichte.
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